Giga-PtX: Dezentral produzierte E-Fuels sollen Versorgungssicherheit der Streitkräfte verbessern
Versorgungssicherheit und Resilienz sind derzeit zentrale Themen in der Energie- und Sicherheitspolitik. Ohne Energie steht unser Alltag still. Undenkbar. Erst recht in Krisenzeiten. Große Kraftstoffvorräte sind für den Ernstfall vorgesehen. Doch was haben Militärflug- oder -fahrzeuge im Tank, wenn Kraftstoffe auf konventionellen Wegen aus der Raffinerie oder per Import nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen? Wie könnten dezentral produzierte, synthetische Fuels die Energieversorgung im Ernstfall sicherstellen: Und das sogar CO2-neutral? Das erprobt jetzt das Rüstungsunternehmen Rheinmetall im Projekt Giga PtX.
Die politische Lage auf der Welt macht es notwendig, dass auch in Europa Vorkehrungen für einen eventuellen Verteidigungsfall getroffen werden müssen. Neben dem Vorhaben der Bundesregierung, ausreichend Schutzräume für die Zivilbevölkerung zu schaffen, geht es auch um Aufrüstung der Streitkräfte. Verteidigungsminister Boris Pistorius spricht von bis zu 60.000 zusätzlichen Soldaten für Deutschland. Doch die müssen eben auch einsatzfähig sein. Neben der Ausrüstung mit Waffensystemen und Fahrzeugen geht es auch um die Versorgung mit Energieträgern – bestenfalls klimaneutral, um auch für die Zukunft gerüstet zu sein.
Resilientere Kraftstoffversorgung:dezentral ergänzt zentral
Die gesicherte Versorgung der Streitkräfte mit Kraftstoff ist eine Grundvoraussetzung für deren Kriegstüchtigkeit, heißt es bei Rheinmetall. Der Rüstungskonzern gibt an, dass die heutige Versorgung der Truppen mit fossilem Kraftstoff häufig logistisch aufwendig und fragil sei. Im Kriegsfall könnte ein Zusammenbruch dieser Infrastruktur drohen. Dezentral hergestellte E-Fuels wären daher aus Sicht des Rüstungskonzerns eine sinnvolle Ergänzung für eine resiliente Kraftstoffversorgung.
Giga-PtX: Mehrere hundert Anlagen bilden neues Versorgungssystem
Im Projekt Giga-PtX sollen mehrere hundert dezentrale PtX-Anlagen geschaffen werden. Jede mit einer Leistung von bis zu 50 MW. Alle zusammen sollen dann die Versorgung der Streitkräfte sicherstellen. Rund 20,5 Millionen Tonnen Kraftstoff brauche die NATO im Kriegsfall pro Jahr, schätzt Shena Britzen, Leiterin des Wasserstoff-Programms bei Rheinmetall. Im Friedensfall deutlich weniger. Dann könnten die hergestellten E-Fuels der Zivilbevölkerung und der Industrie zur Verfügung gestellt werden und so auch den Markthochlauf weiter unterstützen. Die drop-in-fähigen Fuels könnten wie herkömmliche Kraftstoffe verwendet werden. Alternativ wäre es insbesondere in Friedenszeiten möglich, die produzierten synthetischen Vorprodukte (SynCrudes) als erneuerbaren Anteil des Feedstocks in bestehenden Raffinerieanlagen zu Endprodukten weiterzuverarbeiten (Co-Processing) und zur Treibhausgasminderung beizutragen.
Die einzelnen Anlagen sollen in der Nähe von militärischen Verbänden oder auch Pipelinesystemen aufgebaut werden. Aus regenerativen Quellen würden dann E-Fuels für Fahrzeuge und Waffensysteme dezentral hergestellt werden. Das benötigte CO2 soll an verschiedenen Punktquellen wie Kraft- oder Zementwerke aufgefangen oder aus biogenen Quellen generiert werden. So würde weder ein Ausbau eines Stromnetzes nötig, noch müssten zwingend Direct Air Capture-Anlagen installiert oder Infrastruktur oder Antriebe verändert werden.
Als Technologiepartner steht Rheinmetall das Unternehmen Ineratec zur Seite. Mit Era One hat Ineratec gerade die europaweit größte PtL-Anlage in Frankfurt-Höchst eröffnet.
Strom, H2 und CO2 sind der Schlüssel zum Erfolg
Flüssige Kraft- und Treibstoffe auf Kohlenwasserstoffbasis scheinen für die Streitkräfte aus heutiger Sicht alternativlos. Die hohe Energiedichte und gute Einsetzbarkeit mittels der vorhandenen Infrastruktur und Logistik sichern die Versorgung – sowohl in der Kaserne als auch im Manöver. Werden sie zukünftig nicht aus fossilen Rohstoffen, sondern aus grünem Strom, Wasserstoff und CO2 hergestellt, sichern sie die Energieversorgung und, mit Blick auf die Klimaziele 2045, sogar CO2-neutral.