Bio-Bitumen: Wie Cashew-Kerne den Straßenbau defossilisieren können
Cashews gelten als Superfood. Die gesunden Kerne finden sich in Müslis, Nussmischungen und auf dem Salat – und neuerdings auch im Asphalt. Genaugenommen der „ausgepresste Extrakt“ der Cashewkern-Schalen. Mit ihm kann Bitumen hergestellt werden. Das fossile Bindemittel kommt im Straßenbau zum Einsatz. Und könnte zukünftig erneuerbar ersetzt werden.
An dieser Innovation arbeiten das Bauunternehmen STRABAG und das Start-up „B2Square“. Beide Unternehmen haben es sich zum Ziel gesetzt, den Straßenbau CO2-ärmer zu gestalten. Dazu soll ein CO2-reduzierter Niedrigtemperaturasphalt genutzt werden, der ganz ohne erdölbasiertes Bitumen auskommt. Stattdessen wird Bio-Bitumen eingesetzt. Entwickelt vom Düsseldorfer Start-up „B2Square“, hergestellt aus biologischen Stoffen – dem Extrakt aus gepressten Schalen der Cashew-Kerne.
Bitumen: Fossil oder erneuerbar?
Bitumen gilt als ältestes Mineralölprodukt. Beim Straßenbau kommt es als Bindemittel für den Asphaltbelag zum Einsatz. Es entsteht als Teilprodukt bei der Aufbereitung von Mineralöl. Es ist ein sehr zähflüssiges, schwerflüchtiges, dunkelfarbiges Gemisch und muss heiß verarbeitet werden.
350 Kilogramm – so viel CO2 verursacht in etwa ein Kilogramm Bitumen, das auf herkömmlichem Weg in der Raffinerie hergestellt wurde. Für den Straßenbau allein in Deutschland werden Jahr für Jahr Tonnen des Gemischs benötigt. Weltweit werden geschätzt etwa 120 Millionen Tonnen Bitumen pro Jahr verbaut. Macht also eine sehr große Menge CO2, die auf diesen Bereich im Straßenbau entfällt. Und nicht nur das: Bitumen ist in Wasser praktisch unlöslich (hydrophob) und so auch gegen Wasserdampf weitgehend undurchlässig. Es wird daher beispielsweise auch als Dichtungsmittel verwendet, um empfindliche Stoffe und Bauteile gegen Wasser zu schützen.
Weiterer Vorteil: Der Asphalt, der mit dem Bio-Bitumen vermischt ist, kann mit niedrigeren Temperaturen verbaut werden als die herkömmliche Variante. So wird weitere Energie eingespart.
Bio-Bitumen macht Straßen haltbarer
Hier könnten die Cashew-Kerne eine Lösung sein. Sie machen sie Straßen nicht nur klimafreundlicher, sondern auch haltbarer. Um das zu beweisen, läuft bereits seit Oktober 2024 ein Pilotprojekt in Stuttgart. Dort wird der Bio-Bitumen im Asphalt einem Härtetest unterzogen. Und zwar am viel befahrenen Höhenpark Killesberg. Zahlreiche Lastwagen und Autos fahren seitdem Tag für Tag über den CO2-armen Asphalt und sind so völlig unwissend Teilnehmende des Langzeittests.
Weitere Straßen sind geplant. Etwa an den Flughäfen Heathrow in London oder Frankfurt/Main. Eine 200 Meter lange Teststrecke entsteht auf dem südlichen Vorfeld und endet in einer Sackgasse. Das nutzt die Fraport AG und errichtet jeweils eine Straßenseite mit nachhaltigem und die andere mit herkömmlichem Asphalt. Alle Fahrzeuge, die in den Bereich einfahren, fahren also auf der gleichen Strecke auch wieder raus und garantieren ein gleichmäßiges Testverfahren.
Vom Abfallprodukt zum Klimaretter
Wie kommen nun aber die Cashew-Schalen in den Straßenbau? Die Kerne werden in ihrer Schale nach Deutschland exportiert. Sie kommen in großen Containern an. Etwa im Hamburger Hafen. Dann werden Kerne und Schale voneinander getrennt, damit die Kerne weiterverarbeitet werden können. Viele von ihnen landen beispielsweise im „Studentenfutter“. Die Schalen – normalerweise ein Abfallprodukt – kommen dann zum Chemieunternehmen BASF. Dort wird dann das Extrakt entzogen, was anschließend zusammen mit einem Pulver zu Bitumen vermischt wird – und dann in den Straßenbau gelangt.
Bislang wird nur ein ganz kleiner Anteil des Bitumens durch die neue Bio-Variante ersetzt. Dennoch ist diese Methode ein gutes Beispiel, dass es auch in diesem Bereich nicht die eine Lösung geben wird. Wie überall im Klimaschutz werden alle Innovationen und Lösungsansätze gebraucht, um einen Sektor vollständig zu defossilisieren.
AKTUELLE BEITRÄGE
Bitumen aus Cashew-Schalen
