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Kohlenwasserstoffe: Nötig für Energieversorgung, Wertschöpfung und Klimaschutz

Die Kohlenwasserstoffwirtschaft in Deutschland befindet sich in einer schwierigen Lage. Produktionskapazitäten werden reduziert, Wertschöpfungsketten geraten unter Druck, Arbeitsplätze und Versorgungssicherheit sind perspektivisch gefährdet. „Es besteht dringender Handlungsbedarf“, so Prof. Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer von en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie.

Nur 20 Prozent des heutigen Energiebedarfs werden in Deutschland mit Strom abgedeckt. Den Rest liefern feste, flüssige und gasförmige Energieträger, also Moleküle – dazu zählen vor allem Kohlenwasserstoffe wie Mineralöl, dem wichtigsten Energieträger hierzulande. Auch wenn im Zuge der Energiewende die Elektrifizierung weiter zunehmen wird: Kohlenwasserstoffe bleiben in vielen Anwendungen unverzichtbar. Sie sind zudem wichtig für eine resiliente Versorgung, nicht nur mit Energie, sondern auch mit Grundstoffen, zum Beispiel für die Chemieindustrie und die Bauwirtschaft. Damit im Sinne des Klimaschutzes Kohlenwasserstoff-Moleküle künftig ohne fossiles Öl oder Gas auskommen, ist eine Molekülwende notwendig, die dafür sorgt, dass die entsprechenden Produkte klimaschonend sind.

Doch die Kohlenwasserstoffbranche steht schon in den jetzigen Energie- und Grundstoffmärkten vor großen Herausforderungen. Im harten internationalen Wettbewerb droht der Standort Deutschland zunehmend ins Hintertreffen zu geraten. Wichtige Investitionen bleiben derzeit aus. Für das Gelingen der Molekülwende sind darum nun politische Maßnahmen gefragt, die nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Branche stärken, sondern auch deren Bedeutung berücksichtigen. Nur mit langfristig CO2-neutralen Molekülen gelingt die Energiewende und damit das Ziel Klimaneutralität 2045.
„Dass die Bedeutung der Branche noch nicht ausreichend erfasst ist, zeigt sich daran, dass die Kohlenwasserstoffwirtschaft auf der europäischen Ebene nicht Teil des Clean Industrial Deal ist – anders als Automobil-, Stahl- und Chemieindustrie“, betont Küchen. „Es ist zwar anerkannt, dass wir auch zukünftig Moleküle für die chemische Industrie und Verkehrsanwendungen brauchen – nicht jedoch die damit verbundene Dringlichkeit. Wir brauchen Kohlenwasserstoffe nicht bloß als Übergang, sondern für viele Anwendungen auch langfristig.“ Im Interview beantwortet der en2x-Hauptgeschäftsführer weitere Fragen.

Welche Bedeutung hat die Kohlenwasserstoffwirtschaft, Prof. Küchen?

Wir brauchen Kohlenwasserstoffe. Nicht als Übergang, sondern wir werden sie für viele Anwendungen langfristig benötigen.

Warum bleiben Moleküle wichtig, Prof. Küchen?

Mindestens 40 Prozent der Bedarfe sind nicht zu elektrifizieren. Dazu gehört die stoffliche Nutzung in der Chemie ebenso wie Luftverkehr und Schifffahrt. Aber auch Sonderanwendungen benötigen langfristig Moleküle.

Welche Rolle spielen Kohlenwasserstoffe in puncto Versorgungssicherheit, Prof. Küchen?

Ein resilientes System braucht immer zusätzlich Energieträger, die bei Bedarf hohe Leistungen zur Verfügung stellen können. Das ist mit flüssigen Kohlenwasserstoffen sehr gut machbar.

Was muss die Politik jetzt tun, Prof. Küchen?

Wir müssen langfristig alternative Feedstocks zur Verfügung haben. Bestehende Anlagen müssen weiter genutzt werden können, um möglichst kostengünstig zu produzieren. Zudem brauchen wir die Akzeptanz der Kunden für eine verlässliche Nachfrage.

Welche Forderungen hat die Kohlenwasserstoffwirtschaft konkret?

Eine Senkung der Strompreise für die Industrie muss jetzt schnell geschehen, insgesamt braucht es weniger Bürokratie und Auflagen nur im Rahmen der EU-Regularien, nicht darüber hinaus, um den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder attraktiv zu machen. Bei der nationalen Umsetzung europäischer Vorgaben sollte die Bundesregierung konsequent auf eine Eins-zu-eins-Umsetzung achten und keinesfalls Verschärfungen zulasten des Standorts vornehmen. Wir brauchen eine CO2-Infrastruktur, die mit der gleichen Dringlichkeit aufgebaut werden muss wie das geplante Wasserstoffnetz. Eine wichtige Voraussetzung für die Zukunft der Produktionsstandorte ist die notwendige Einbeziehung von Negativemissionen in das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS), um CO2-Restemissionen im Sinne der Klimaziele ausgleichen zu können.

Die Politik muss durch regulatorische und fiskalische Instrumente in Verkehr, Industrie und im Gebäudebereich dafür sorgen, dass CO2-neutrale Energieträger im Vergleich zu fossilen Energieträgern wettbewerbsfähig werden und eine verlässliche Nachfrage besteht. Wichtige Elemente für die Schaffung von Business Cases sind dabei realistische Quoten für erneuerbare Kraftstoffe im Verkehr, ein verlässlicher Emissionshandel und eine reformierte Energiesteuer, die Kraft- und Brennstoffe nach ihrer Klimawirkung bemisst, sowie eine CO2-Flottenregulierung, die auch kohlenstoffarme Kraftstoffe anerkennt, insbesondere die Konkretisierung der Anforderungen an eine Carbon Neutral Fuels-Fahrzeugkategorie innerhalb der CO2-Regulierung für Pkw und Lkw.

AKTUELLE BEITRÄGE

„Dringender Handlungsbedarf“

en2x-Hauptgeschäftsführer Prof. Christian Küchen im Video-Interview zur Bedeutung der Kohlenwasserstoffwirtschaft in Deutschland.

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