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Biofuels & Co.: Rohstoffe und Herstellungspfade

Um die Klimaziele im Verkehrssektor aber auch im Wärmemarkt erreichen zu können, halten viele Fachleute den Einsatz von alternativen Kraft- und Brennstoffen ergänzend zur Elektrifizierung von Mobilität und Heizung für notwendig und setzen dabei zunehmend auf fortschrittliche biobasierte sowie langfristig auch auf strombasierte Fuels in Form von Wasserstoff und seinen Derivaten. Da kurzfristig diese alternativen Energieträger voraussichtlich noch nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, sorgen bislang Biokraftstoffe der sogenannten ersten Generation dafür, den Verbrauch fossiler Kraftstoffe zu reduzieren und helfen, die Klimaschutzlücke im Verkehr nicht weiter zu vergrößern. Doch welche Rolle spielen biobasierte Kraft- und Brennstoffe eigentlich heute und wie entwickelt sich das Angebot künftig? Was versteht man unter konventionellen und fortschrittlichen Biokraftstoffen und wie werden sie hergestellt? Welchen Beitrag zum Klimaschutz leisten sie?

Die Verwendung von Biomasse für energetische Anwendungen basiert auf dem Grundgedanken eines geschlossenen CO₂-Kreislaufs. Vereinfacht gesagt: Der CO₂-Kreislauf beginnt mit dem Wachstum von Biomasse, wie zum Beispiel Pflanzen, Bäumen oder Algen. Sie nehmen während ihres Wachstums CO₂ durch Photosynthese aus der Atmosphäre auf und binden es in der pflanzlichen Struktur. Bei der Verwendung der Biomasse als Brenn- oder Kraftstoff wird nur die CO₂-Menge freigesetzt, die die Pflanzen während ihres Wachstums zuvor aufgenommen haben. Es entsteht also „bilanziell“ kein zusätzliches CO₂.

Allerdings ist für die Aufzucht von Energiepflanzen beziehungsweise die Sammlung von Rest- und Abfallstoffen sowie den Transport, die Verarbeitung und Kraftstoffherstellung auch Energie erforderlich. Sofern diese durch fossile Energieträger bereitgestellt wird, entsteht auch zusätzliches CO₂, das durch die Erstellung eines CO₂-Fußabdrucks sichtbar gemacht werden kann.

Da Abfälle und Reststoffe keine zusätzliche Fläche für den Anbau von Energiepflanzen benötigen, wird ihnen ein geringerer CO₂-Fußabdruck zugeschrieben als der Anbaubiomasse. Werden Rest- und Abfallstoffe für die Herstellung von Energieträgern genutzt, gelten diese Produkte als fortschrittliche Biokraftstoffe. Im wissenschaftlichen und politischen Diskurs wird daher nach Wegen gesucht, das noch begrenzte biogene Rohstoffangebot auch für die energetische Nutzung auszuweiten.

Konventionelle und fortschrittliche Biokraftstoffe

Biogene Kraftstoffe werden in konventionelle und fortschrittliche Biokraftstoffe unterschieden. Die Rohstoffe für konventionelle Biokraftstoffe stammen in der Regel aus den „Früchten“ bzw. Erträgen von Anbaubiomasse, die auch zur Herstellung von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen, wie zum Beispiel Raps, Getreide, Mais, Zuckerrüben oder Palmöl, dienen kann. Sie werden auch oft als Biokraftstoffe der 1. Generation (1G) bezeichnet.

Fortschrittliche Biokraftstoffe (2. Generation, 2G) werden dagegen aus biogenen Rest- und Abfallstoffen hergestellt, wie zum Beispiel Altspeisefetten, Stroh und Holzresten (Lignin), Grünschnitt aus der Landschaftspflege oder Tallöl aus der Zellstoffproduktion. Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit, fortschrittliche Biokraftstoffe aus alternativen Energiepflanzen herzustellen, wie etwa Miscanthus, Chinaschilf oder äthiopischem Senf. Diese alternativen Energiepflanzen eignen sich nicht als Nahrungs- oder Futtermittel, gedeihen auf kargen, für die Nahrungsmittelherstellung ungeeigneten Böden und brauchen keine aufwändige landwirtschaftliche Pflege.

Als biogener Rohstoff für fortschrittliche Kraftstoffe der 3. Generation gelten Algen. Ihre Aufzucht in eigens dafür angelegten Wasserbecken oder Photobioreaktoren ist noch Gegenstand der Forschung, unter anderem die Suche unter den sehr vielfältigen Algenarten nach optimal geeigneten Sorten mit möglichst schnellem Wachstum und hohem Ertrag.

Bei der landwirtschaftlichen Nutzung von Böden wird zwischen direkter und indirekter Landnutzungsänderung (direct Land Use Change, kurz dLUC, bzw. indirect Land Use Change oder iLUC) unterschieden. Eine direkte Landnutzungsänderung findet statt, wenn auf Land, das vorher nicht landwirtschaftlich genutzt wurde, Pflanzen angebaut werden. Wenn Land, das für den Anbau von Nahrungsmitteln vorgesehen ist, in Anbaufläche für Energiepflanzen umgewandelt wird, spricht man von indirekter Landnutzungsänderung. Daraus entsteht eine Konkurrenz zwischen dem Anbau von Pflanzen für die Energiegewinnung und der Nahrungsmittelherstellung. Der Vorteil fortschrittlicher Biokraftstoffe aus biogenen Rest- und Abfallstoffen ist, dass sie keinen zusätzlichen fossilen CO₂-Rucksack durch den Anbau der Biomasse haben und nicht in Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion stehen. Die zulässigen biogenen Rohstoffe sind in der aktuell gültigen europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) unter Anhang IX Teil A definiert.

Unterschiedliche Entwicklungsstadien von Biokraftstoffen

Es gibt zahlreiche Technologien, Wertschöpfungsketten und mögliche Anwendungen für den Einsatz von Biomassereststoffen zur Herstellung von fortschrittlichen Energieprodukten. Nur wenige der fortschrittlichen Technologien und Wertschöpfungsketten sind bereits kommerzialisiert, einige wären reif für einen industriellen Hochlauf und andere befinden sich noch im Entwicklungsstadium. Da alle Herstellungsverfahren verschiedene Arten von Biomasseressourcen nutzen, unterschiedliche Produktionskapazitäten haben und verschiedene Arten von Biokraftstoffen für unterschiedliche Anwendungen produzieren, ist in diesem Beitrag nur ein Überblick über die generellen Herstellungspfade möglich. Darüber hinaus sind auch keine verlässlichen Aussagen möglich, welche noch in der Entwicklung befindlichen Verfahren zur Marktreife gelangen und sich am Markt letztlich durchsetzen werden. Dies ist unter anderem auch von Faktoren wie den gesetzlichen Rahmenbedingungen, der Verfügbarkeit von Rohstoffen, den Herstellungskosten und dem Aufbau tragfähiger Geschäftsmodelle abhängig.

Die unter den Herstellungsverfahren für biobasierte flüssige Energieträger kurz dargestellten Prozesse funktionieren in der Regel mit technischen Modifikationen sowohl mit Anbaubiomasse als auch mit Rest- und Abfallstoffen. Darum können aus den im Folgenden vorgestellten Produktionsverfahren, zum Beispiel für Biodiesel, Bioethanol oder hydrierte Pflanzenöle, sowohl konventionelle als auch fortschrittliche Kraftstoffe hergestellt werden.

Verfahren für konventionelle und fortschrittliche Biokraftstoffe

Zu den heute sowohl aus Anbaubiomasse hergestellten konventionellen als auch reststoffbasierten fortschrittlichen Biokraftstoffen zählen Biodiesel (Fettsäuremethylester, FAME), Bioethanol und hydrierte Pflanzenöle. Sie können mineralölbasierte Kraftstoffe zumindest teilweise ersetzen, weil sie ähnliche anwendungstechnische Eigenschaften haben.

Biodiesel (FAME)

Die Herstellung von Biodiesel als Ersatz für mineralölbasierten Dieselkraftstoff basiert auf der Nutzung ölhaltiger Biomasse. Wird Anbaubiomasse dafür verwendet, handelt es sich um Pflanzen mit hohem Ölanteil wie beispielsweise Raps oder Sonnenblumen. Aus den ölhaltigen Bestandteilen der Pflanzen entsteht durch den Prozess der Umesterung und unter Zugabe von Methanol Fettsäuremethylester (FAME), der auch als Biodiesel bezeichnet wird. Die nach der Ernte nicht zur Kraftstoffherstellung benötigten Pflanzenbestandteile werden anderweitig genutzt, wie zum Beispiel zur Pressung als Raps- bzw. Sojakuchen, die hochwertige Futtermittel sind. Außerdem entsteht im Herstellungsprozess Glycerin als Nebenprodukt, das beispielsweise in der chemischen Industrie Verwendung findet.

Unter den aus Deutschland stammenden Ausgangsstoffen für die Biodieselherstellung hatte Raps im Jahr 2021 mit 55 Prozent den größten Anteil.

Alternativ zur Verwendung von Anbaubiomasse ist es technisch auch möglich, Reststoffe wie gebrauchte Speisefette, aber auch tierische Fette aus Schlachtabfällen für die Biodieselherstellung umzuestern. Fachleute sprechen bei Biodiesel dann unter anderem von Used Cooking Oil Methyl Ester (UCOME). Auf die Herstellungsprozesse hat das nur geringe Auswirkungen. Die anwendungstechnischen Eigenschaften von FAME und UCOME sind identisch.

Biogene Abfälle und Reststoffe sind bereits heute zunehmend wichtige Rohstoffe für die Herstellung von Biodiesel. Unter den aus Deutschland stammenden Ausgangsstoffen für die Biodieselherstellung stammten im Jahr 2021 mit 45 Prozent bereits fast die Hälfte aus Rest- und Abfallstoffen.
Biodiesel wird in Deutschland als Beimischung zu mineralölbasiertem Dieselkraftstoff im Straßenverkehr genutzt. An Tankstellen ist Biodiesel in einer Beimischung in Höhe von bis zu 7 Prozent im Dieselkraftstoff enthalten. Als Bioheizöle werden heute Blends in Höhe von 10 Prozent FAME angeboten. Die Verwendung von Biodiesel ist auch eine mögliche Alternative in der Schifffahrt. Verschiedene Reedereien haben bereits Testfahrten mit anteiligen Beimischungen von Biodiesel zum Marine-Diesel durchgeführt.

Biogene paraffinische Brenn- und Kraftstoffe

Biogene paraffinische Brenn- und Kraftstoffe sind ebenso wie FAME aus ölhaltiger Anbaubiomasse als Dieselsubstitut herstellbar. Im Produktionsprozess werden entweder Pflanzenöle aus Anbaubiomasse oder Rest- und Abfallstoffe wie gebrauchte Altspeisefette genutzt. Zur Unterscheidung bezeichnen Fachleute das Produkt bei der Verwendung von Anbaubiomasse als „hydriertes Pflanzenöl“ (HVO) und bei der Nutzung von Rest- und Abfallstoffen als „HUCO“ (Hydrotreated Used Cooking Oil). Ihre Eigenschaften sind bei unterschiedlichen Rohstoffen im Wesentlichen identisch. Sie werden zunächst von Feststoffen und Wasser gereinigt und anschließend in einem Hydrotreating-Verfahren unter Zugabe von Wasserstoff und mit speziellen Katalysatoren weiterverarbeitet. Dieser Kraftstoff kann anschließend noch in einem weiteren Verfahren mit Wasserstoff isomerisiert werden, damit er eine bessere Kältebeständigkeit erhält. Das Ergebnis des Hydrotreatings ist ein paraffinischer Kraftstoff bestehend aus Kohlenwasserstoffen (Alkanen), der aber im Gegensatz zu mineralölbasiertem Diesel keine aromatischen Kohlenwasserstoffe (Aromaten) enthält.

Bei der Herstellung von paraffinischen Brenn- und Kraftstoffen wurden 2021 zu 38 Prozent Rest- und Abfallstoffe eingesetzt. Das hauptsächliche Hindernis für den breiten Einsatz von hydrierten Bioölen ist die begrenzte Verfügbarkeit von nachhaltigen, ölhaltigen biogenen Rest- und Abfallstoffen.

Eine weitere Option zur Herstellung von Biokraftstoffen ist die gemeinsame Verarbeitung der Pflanzenöle mit Mineralölen in Raffinerien. Dort können im sogenannten Co-Processing Bioöle und Mineralöle mit Wasserstoff zu Kraftstoff verarbeitet werden. Allerdings ist das Co-Processing in Deutschland vom Gesetzgeber nicht zugelassen, während es in anderen europäischen Ländern erlaubt ist.

Die Eigenschaften von paraffinischen Brenn- und Kraftstoffen sind in vielen Parametern vergleichbar mit mineralölbasiertem Diesel. Darum gelten sie als sogenannter drop-in-Kraftstoff, der herkömmlichem Diesel ohne technische Änderungen an Fahrzeugmotoren auch in höheren Anteilen beigemischt werden kann. Da paraffinischen Brenn- und Kraftstoffe aufgrund ihrer etwa 20 Prozent geringeren Dichte nicht der Norm EN 590 für Dieselkraftstoffe entspricht, kann aktuell nur eine Beimischung in Höhe von maximal 26 Prozent HVO/ HUCO zusätzlich zu sieben Prozent Biodiesel mit mineralölbasiertem Diesel erfolgen, um die Vorgaben zu erfüllen. Mit dieser Mischung können die CO₂-Emissionen um etwa 20 Prozent gesenkt werden. Mit der vorgesehenen Aufnahme der Norm DIN EN 15940 für paraffinische Kraftstoffe in die 10. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetztes (BImSchV) wird künftig auch der Verkauf von rein paraffinischen Kraftstoffen, also „HVO100“, an öffentlichen Tankstellen möglich.

Hochwertige paraffinische Energieprodukte bieten derzeit eine Möglichkeit, in der Luftfahrt als Ersatz für erdölbasiertes Kerosin einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Darüber hinaus haben mehrere Forschungs- und praxisnahe Modellvorhaben bestätigt, dass paraffinische Brennstoffe auch als Ersatz für Heizöl in marktüblichen Ölheizungsanlagen geeignet sind. Brennwertgeräte, Tank und Komponenten, die mit einem „Green Fuels Ready“-Label gekennzeichnet sind, haben eine Zulassung für den Einsatz solcher paraffinischer Heizölqualitäten bis zu einem Anteil von 100 Prozent.

Bioethanol

Für die Herstellung von Bioethanol als Ersatz für Ottokraftstoffe (Benzin) aus Anbaubiomasse kommen Pflanzen mit hohen Gehalten an Zucker oder Stärke infrage. In Deutschland sind das hauptsächlich Roggen, Gerste und Zuckerrüben, in Nordamerika vorwiegend Mais und in Südamerika aus Zuckerrohr gewonnene Melasse. Bioethanol kann durch die klassische alkoholische Gärung (Fermentation) aus Zuckern wie Saccharose oder Glukose mit Hilfe von Mikroorganismen hergestellt und anschließend durch thermische Trennverfahren aufgereinigt werden.

Stärkehaltige Biomasse wie Getreide wird zunächst gemahlen und durch Enzyme in Zucker gewandelt. Die nicht benötigten Pflanzenbestandteile werden zu Schlämpe verarbeitet, einem Futtermittel mit hohem Nährstoffgehalt. Eine weitere Verwertungsmöglichkeit für Schlämpe ist ihre Vergärung mit anderen biogene Reststoffen in Biogasanlagen zu Biogas.
Auch Bioethanol kann aus biogenen Rest- und Abfallstoffen erzeugt werden. Dies können beispielsweise Weizen-, Gersten- oder Maisstroh, Abfallholz und Grünschnitt aus der Landschaftspflege sein. Nach einer Vorbehandlung dieser Reststoffe muss zunächst die Cellulose in den Biomasseresten durch einen besonderen Verarbeitungsprozess mit Hilfe von speziellen Mikroorganismen und Enzymen in vergärbare Zucker umgewandelt werden. Danach werden ebenso wie beim Einsatz von Anbaubiomasse die Zucker unter Zugabe von Mikroorganismen zu Bioethanol fermentiert und anschließend durch eine Destillation aufgereinigt, um die Qualität des Produkts zu optimieren. Als Nebenprodukt entsteht in diesem Verfahren Lignin, das wiederum als Energiequelle im Herstellungsprozess nutzbar ist. Lignin bildet zusammen mit Cellulose und Hemicellulose das strukturelle Gerüst vieler Pflanzen und gibt ihnen Festigkeit. Sofern das Lignin im Herstellungsprozess wieder zur Energieerzeugung eingesetzt wird, kann der Prozess sogar energieautark sein.

Bioethanol wird in Deutschland den Ottokraftstoffen beigemischt und ist an den Tankstellen als Superbenzin mit bis zu fünf Prozent (E5) und zehn Prozent (E10) Anteil im Kraftstoff enthalten. Höhere Beimischungen bis zu 20 Prozent werden zurzeit nur in geschlossenen Fahrzeugflotten erprobt beziehungsweise praktiziert. Bei mehr als 15 bis 20 Prozent Bioethanol im Tank sind technische Veränderungen am Motor und Kraftstoffsystem erforderlich, weil die im Fahrzeugbau gängigen Materialien derzeit in der Regel noch nicht darauf ausgelegt sind.

Fortschrittliches Bioethanol aus Rest- und Abfallstoffen ist derzeit noch nicht in größeren Mengen verfügbar. Verschiedene Herstellungsverfahren befinden sich derzeit in der Entwicklung, einige haben das Stadium von Demonstrations- bzw. Pilotanlagen erreicht und andere werden derzeit kommerzialisiert. Seit Mitte 2022 wird beispielsweise Cellulose-Ethanol aus Stroh in einer großtechnischen Anlage in Rumänien hergestellt, die in der Lage ist, bis zu 50.000 Tonnen Bioethanol pro Jahr zu produzieren.

Pyrolyse

Die Pyrolyse ist ein technisches Verfahren, in dem organisches Material unter Ausschluss von Sauerstoff innerhalb von wenigen Sekunden auf etwa 500°C erhitzt wird (Schnell-Pyrolyse). Unter diesen Bedingungen entstehen organische und wasserhaltige Dämpfe, Pyrolysegas und Biokohle. Die Dämpfe werden schnell abgekühlt und kondensieren zu einer hochviskosen, erdölähnlichen Flüssigkeit. Diese ist unter verschiedenen Begriffen bekannt, wie Pyrolyseöl, flüssiges Bio-Rohöl oder Schnell-Pyrolyse-Bio-Öl (fast pyrolysis bio-oil, FPBO).

Das Pyrolyseöl besitzt etwa 70 Prozent des Energiegehalts der Biomasse und hat etwa die Hälfte des Heizwertes eines konventionellen Heizöls. Zusätzlich entstehen als wertvolle Nebenprodukte Holzkohle (10-15 Prozent) und Biogas (15-20 Prozent), die zur Erzeugung von Energie für den Pyrolyseprozess eingesetzt werden können. Im Pyrolyseprozess wird der überwiegende Teil der Asche und Mineralien in der Holzkohle gebunden und kann so dem Prozess entnommen und recycelt oder aufgrund ihres hohen Gehalts an Mineralien als Dünger in der Landwirtschaft zur Bodenverbesserung genutzt werden.

Die Schnell-Pyrolyse ist auf die Wandlung von Biomasse in Flüssigkeiten optimiert und soll dabei möglichst hohe Ausbeuten erzielen. Der Pyrolyseprozess ist energetisch autark und ermöglicht, hochgradig aschehaltige Biomasseströme in nahezu aschefreies biogenes Pyrolyseöl zu wandeln. Als Rohstoffe für die Herstellung eignen sich land- und forstwirtschaftliche Biomassereste, wie beispielsweise Holzreste, Miscanthus, Stroh oder Grasschnitt, die weder für die Lebensmittel- noch die Futtermittelproduktion nutzbar sind und nicht zu Landnutzungsänderungen führen. Die Schnell-Pyrolyse hat den Vorteil, dass sie schwierig zu handhabende Biomasse unterschiedlicher Art in ein Pyrolyseöl mit konstanten anwendungstechnischen Eigenschaften umwandeln kann, das einfach zu lagern und zu nutzen ist. Beim Einsatz von biogenem Pyrolyseöl sind abhängig von der Rohstoffbasis zwischen 77 und 95 Prozent geringere Treibhausgasemissionen im Vergleich zu Heizöl zu erwarten.

Da Pyrolyseöl korrosiver und dickflüssiger ist als Diesel, mehr Wasser enthält und daher schwieriger zu entzünden ist, eignet es sich ohne weitere Verarbeitung weder als Kraftstoff noch als Brennstoff für marktübliche Ölheizungen. Für technisch angepasste industrielle Feuerungsanlagen, etwa zur Erzeugung von Wasserdampf in industriellen Prozessen, kann Pyrolyseöl eine klimaschonende Option sein. Die dedizierte Weiterverarbeitung von Pyrolyseöl mithilfe von Wasserstoff zu Kraftstoffen gilt als sehr kostenintensiv. Daher konzentriert sich die Entwicklung tendenziell darauf, Pyrolyseöl in Raffinerien im Co-Processing mit Mineralöl zu Brenn- und Kraftstoffen oder chemischen Zwischenprodukten zu verarbeiten. Darüber hinaus kann die Pyrolyse auch ein Verarbeitungsschritt mit dem Ziel der Herstellung von Synthesegas in Biomass-to-Liquid-Verfahren sein.

Bisher wird die Pyrolyse von Biomasseresten nur in einigen wenigen Versuchs-, Demonstrations- und Pilotanlagen praktiziert.

Hydrothermale Prozesse

Hydrothermale Prozesse (HTP) sind bereits seit geraumer Zeit Gegenstand von Entwicklungsprojekten zur Veredelung insbesondere von feuchter Biomasse und Reststoffen. Für diese Prozesse, die der Schnell-Pyrolyse ähnlich sind, eignet sich sehr unterschiedliche feuchte Biomasse, wie beispielsweise Klärschlamm, dessen Einsatz zu sehr günstigen Produktionskosten führt, oder Algen (Mikroalgen), die sich in diesem Verfahren sehr gut verarbeiten lassen. Dabei wird die Biomasse mit Hilfe von Wasserdampf erhöhten Temperaturen und Druck ausgesetzt. Je nach Art der Biomasse dauert der Prozess 5 bis 120 Minuten. Mit steigenden Temperaturen und Drücken entstehen in hydrothermalen Prozessen unterschiedliche Produkte, weshalb man zwischen hydrothermaler Carbonisierung (HTC) und hydrothermaler Verflüssigung (HTL) unterscheidet.

Bei der hydrothermalen Carbonisierung (HTC) wird die Biomasse mit Wasserdampf bei Temperaturen von 180 bis 280 °C und erhöhtem Druck behandelt. Dadurch entsteht ein fester Kohlenstoff, der auch als Biokohle bezeichnet wird. Die Biokohle kann durch Verbrennung oder Vergasung energetisch genutzt werden oder eignet sich in der stofflichen Nutzung als Bodenverbesserer für landwirtschaftliche Flächen, aber auch als Aktivkohle.

Die hydrothermale Verflüssigung (hydrothermal liquefaction, HTL) von Biomasse läuft bei Temperaturen von 270 bis 380 °C und erhöhtem Druck ab. Das Hauptprodukt dieses Prozesses ist ein hochviskoser Teer, der als Biosyncrude bezeichnet wird. Er hat ähnliche Eigenschaften wie Rohöl oder Schnell-Pyrolyse-Bio-Öl. Die Aufbereitung dieses Bioöls kann einerseits im Co-Processing in Raffinerien erfolgen. Andererseits ist eine Weiterverarbeitung des Biosyncrude zu biogenem Kerosin, Diesel und Benzin möglich.

An der Entwicklung hydrothermaler Prozesse ist bereits in verschiedenen nationalen und internationalen Projekten gearbeitet worden. Es gibt eine ganze Reihe von Versuchsanlagen, der kommerzielle Durchbruch zur Herstellung von Kraftstoffen in diesem Verfahren auf Basis von Biomasse ist aber noch nicht gelungen.

Biomass-to-Liquid

Unter Biomass-to-Liquid (BtL), der Verflüssigung von Biomasse, sind verschiedene Herstellungsverfahren zu subsumieren, mit denen sowohl aus Anbaubiomasse als auch biogenen Rest- und Abfallstoffen flüssige synthetische Kraftstoffe herstellbar sind. Die Herstellungsverfahren einzelner Technologieunternehmen variieren zum Teil voneinander, aber die Prozesskette ist im Prinzip bei allen ähnlich. Durch die thermochemische Verarbeitung von Biomasse mittels Pyrolyse, hydrothermale Prozesse oder Torrefizierung entstehen zunächst Biokohle oder Bioöl, die durch weitere Arbeitsschritte zu einem Synthesegas gewandelt werden, das aus Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO) besteht. Die Biokohle ist sowohl zur Wärmeerzeugung einsetzbar als auch im BtL-Verfahren zur Erzeugung von Synthesegas.

Dieses Synthesegas kann anschließend durch unterschiedliche Syntheseverfahren zu verschiedenen Syntheseprodukten wie Benzin, Dimethylether (DME), Alkoholen (Ethanol, Methanol) und Fischer-Tropsch-Produkten verarbeitet werden. Im Fischer-Tropsch-Verfahren entsteht zunächst eine Art synthetisches Rohöl (Paraffine), aus dem analog bei der Raffinierung von Erdöl angewandte Prozesse normgerechte Brenn- und Kraftstoffe sowie chemische Grundprodukte hervorgehen. Ebenso kann synthetisches Methanol zum Beispiel im Methanol-to-Gasoline-Verfahren zu einem Benzin aufgewertet werden, das in einer Beimischung von etwa 10 Prozent Ethanol oder 15 Prozent 2-Butanol die Spezifikationen der DIN EN 228 für Ottokraftstoffe erfüllt.

Es gibt derzeit verschiedene Pilot- und Demonstrationsanlagen, in denen die technische Reife der Herstellungsprozesse stetig optimiert wird.

Ausblick

Prinzipiell sind die technischen Verfahren zur Herstellung von fortschrittlichen Biokraftstoffen technisch aufwändiger als bei konventionellen, was höhere Produktionskosten zur Folge hat. Jedoch haben fortschrittliche Biokraftstoffe durch die zur Herstellung eingesetzten biogenen Rest- und Abfallstoffe sowie angebaute alternative Energiepflanzen wie zum Beispiel Miscanthus, hohe Treibhausgaseinsparpotenziale. Nutzungskonkurrenzen zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion werden dadurch vermieden und im Idealfall kommt es auch beim Einsatz alternativer Energiepflanzen nicht zu Landnutzungsänderungen.

Biodiesel (B7) und Bioethanol (E10 bis maximal E20) sind nur begrenzt ohne motorische Änderungen verwendbar. HVO/ HUCO ist dagegen ein drop-in-Kraftstoff, der auch höheren Anteilen bis hin zum Reinkraftstoff in bestehender Dieselmotortechnik und in der Luftfahrt als Kerosinersatz nutzbar ist.

Aus heutiger Sicht dürfte die Nutzung von Rest- und Abfallstoffen für die Herstellung von Biokraftstoffen zukünftig zum Standard werden und Anbaubiomasse nach und nach ergänzen und möglicherweise ersetzen. Bei der Herstellung von Biodiesel und paraffinischen Kraftstoffen nimmt die Nutzung von Rest- und Abfallstoffen bereits zu, aber bei Bioethanol ist das noch die Ausnahme, weil die Extraktion von Zuckern und Cellulose aus biogenen Rest- und Abfallstoffen technisch anspruchsvoll ist.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass sowohl für die stoffliche als auch die energetische Nutzung von Biomasse ein ausreichendes Potenzial in Europa vorhanden ist. Um den steigenden Bedarf an nachhaltigen Kraftstoffen zu decken, ist allerdings sowohl ein Ausbau der Wertschöpfungsketten als auch eine Weiterentwicklung der Herstellungsverfahren erforderlich.

AKTUELLSTE BEITRÄGE

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