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Destination Defossilization: Europas bislang größte PtL-Anlage eröffnet

Era One – der Name der Power-to-Liquid-Anlage im Industriepark Frankfurt-Höchst steht ab sofort für den Weg in eine CO2-neutrale Zukunft. Das Unternehmen Ineratec hat seine Pionieranlage eingeweiht und feierlich eröffnet. Jetzt soll die Anlage Jahr für Jahr in großem Maßstab E-Fuels und E-Chemikalien herstellen. Und damit zur Defossilisierung verschiedener Sektoren beitragen.

Die Anlage in Frankfurt-Höchst ist die größte ihrer Art in Europa und wird jährlich bis zu 2.500 Tonnen CO₂-neutrale E-Fuels produzieren. Damit stehen in Europa erstmals kommerzielle Mengen synthetischer Kraftstoffe zur Verfügung – ein entscheidender Schritt, um die EU-Klimaziele für 2030 bzw. 2050 zu erreichen. Den Betrieb hat Ineratec bereits vor wenigen Wochen aufgenommen.

Klimaneutrale E-Fuels für Luft- und Schifffahrt

Molekülwende ist ab sofort in Frankfurt kein Fremdwort mehr: „Mit Era One bieten wir eine echte Lösung für eines der größten Probleme unserer Zeit: Emissionen in schwer zu elektrifizierenden Sektoren wie der Luftfahrt und der Schifffahrt zu senken. Klimaneutrale E-Fuels sind nicht nur technologisch möglich. Era One zeigt, dass sie auch marktreif sind“, erklärte Dr.-Ing. Tim Böltken, CEO von Ineratec. „Wir ersetzen fossile Moleküle durch grüne Moleküle und leisten damit einen entscheidenden Beitrag für eine klimafreundliche Zukunft.“

Produktion soll bis 2030 erweitert werden

Der hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori kommentierte die Bedeutung der Anlage in Frankfurt: „Die Eröffnung von Era One markiert einen richtungsweisenden Meilenstein für eine eigenständige europäische Energieversorgung und zeigt, wie attraktiv der Industriestandort Hessen für innovative Unternehmen ist. Nachhaltig produzierte synthetische Kraftstoffe sind unerlässlich für eine klimafreundliche Zukunft des Luftverkehrs. Das Projekt steht für die Verbindung von moderner Technologie, ökologischer Verantwortung und neuen, hochwertigen Industriezweigen. “

Das modulare Anlagendesign von Ineratec ermöglicht eine schnelle und effiziente Erweiterung der Produktionskapazitäten. Bis 2030 plant das Unternehmen, die jährliche Produktion durch weitere Projekte zu vervielfachen. Diese Skalierung ist entscheidend für die Erfüllung regulatorischer Vorgaben wie der ReFuelEU Aviation-Verordnung, die verbindliche Quoten für nachhaltige Flugkraftstoffe festlegt.

Zur Einordnung: Während die bereits verfügbaren sowie die bis 2029 hinzukommenden Bio-SAF-Produktionskapazitäten der europäischen Raffinerieindustrie absehbar ausreichen, die Quotenvorgaben bis 2030 zu erfüllen, klafft noch eine große Lücke zwischen der E-SAF-Produktion und den ab 2030 benötigten Mengen. Die E-SAF-Quote der ReFuelEU Aviation von 1,2 Prozent für 2030 bezogen auf den Kerosinbedarf an deutschen Flughäfen – dieser liegt in normalen Jahren bei rund 10 Millionen Tonnen –, entspräche das einem E-SAF-Bedarf von 120.000 Tonnen. Weltweit sind zwar zahlreiche Projekte für die E-SAF-Produktion angekündigt, realisiert werden bisher aber nur wenige und oftmals noch als Demonstrationsanlage.

Es braucht Abnehmer für den industriellen Markthochlauf

Bei der feierlichen Eröffnung gab es verschiedene Paneldiskussionen, bei denen die verschiedenen Sektoren, die es zukünftig zu defossilisieren gilt, in den Fokus gerückt wurden. Für den industriellen Markthochlauf dieser anfangs noch vergleichsweise teuren Technologie braucht es Abnehmer, bei denen die höheren Kosten zu tragen sind. Dazu könnte auch das Militär gehören. Die alternativen Kraftstoffe lassen sich in militärischen Waffen- und Logistiksystemen sowie Fahrzeugen nutzen. Dezentrale Produktionsstandorte können die Energieversorgung auch im Krisenfall sichern. So saß Shena Britzen, Leiterin des Wasserstoff-Programms des Rüstungsunternehmens Rheinmetall, ebenso auf dem Panel „PtX für Europa – Resilienz durch Technologie“ wie en2x-Hauptgeschäftsführer Prof. Christian Küchen, Rubens Davis von Cleantech for Europe und Maximilian Backhaus von Ineratec.

„Die große Bedeutung der flüssigen Kohlenwasserstoffe für die Versorgungssicherheit und die Resilienz des Energiesystems wird auch künftig bestehen bleiben. Das wird in der aktuellen politischen Debatte noch nicht ausreichend berücksichtigt“, so Küchen. „Nicht nur im Verteidigungsfall spielen flüssige Energieträger eine wichtige Rolle. Auch der zivile Katastrophenschutz ist auf flüssige Kohlenwasserstoffe angewiesen.“ Allerdings müssten auch die Kosten für die klimaschonenden Alternativen sinken, damit sie von der Allgemeinheit getragen werden können.

Projekte im Rüstungsbereich können substanziell dazu beitragen, dass die Skalierung gelingt und die Kosten nach unten gehen: Rheinmetall will zukünftig vermehrt auf E-Fuels setzen und ein europaweites Netz aus mehreren hundert dezentralen Anlagen aufbauen. Die Speaker waren sich einig: Durch all electric wird Resilienz nicht erreicht, dazu sind PtX- bzw. vor allem PtL-Lösungen nötig. Die Technologien dafür sind vorhanden. In Frankfurt-Höchst wird gezeigt, dass sie auch praktisch funktionieren können.

Fuels aus CO2 aus Biomasse und grünem Wasserstoff

Die Anlage Era One nutzt CO2 aus biogenen Quellen sowie grünen Wasserstoff, um synthetisches Rohöl herzustellen. Die beiden Ausgangsstoffe für die neue Anlage in Frankfurt-Höchst kommen direkt aus dem Industriepark: Das COstammt aus einer Biogasanlage, die Abfälle recycelt, der Wasserstoff ist ein Nebenprodukt einer Chlorproduktion.

Das synthetische Rohöl (Syncrude) wird zu nachhaltigen Kraftstoffen wie Sustainable Aviation Fuel (e-SAF), e-Diesel und anderen Produkten weiterverarbeitet. Diese hergestellten E-Fuels sind „drop-in“-fähig, das heißt, sie können ohne Anpassungen an bestehenden Systemen wie Flugzeugtriebwerken eingesetzt werden. Ebenso kann das Syncrude auch als Basischemikalie, zum Beispiel für die Produktion nachhaltiger Kunststoffe verwendet werden. Damit dient die Technologie auch der nachhaltigen Transformation der chemischen Industrie.

Finanzierungspaket ermöglichte neue Anlage

Die neue PtL-Anlage wird unter anderem mit einem Finanzierungspaket von 70 Millionen Euro ermöglicht, das sich aus 40 Millionen Euro Venture Debt der Europäischen Investitionsbank (EIB) und einem Zuschuss von 30 Millionen Euro durch Breakthrough Energy Catalyst zusammensetzt. Die Unterstützung dieser beiden bedeutenden Investoren unterstreicht die strategische Bedeutung des Projekts für die Dekarbonisierung schwer zu elektrifizierender Sektoren. Auch das Umweltinnovationsprogramm, ausgerufen durch das Bundesumweltministerium, fördert die kommerzielle Umsetzung der technologischen Innovation Ineratec.

AKTUELLE BEITRÄGE

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