Für einen erfolgreichen Klimaschutz sind CO2-neutraler Wasserstoff (H2) und nachhaltige Kohlenwasserstoffe für viele Anwendungen in großen Mengen erforderlich. Das erfordert Technologien und Infrastrukturen, die diese Stoffe erzeugen, transportieren, speichern und zu CO2-neutralen Produkten verarbeiten können.
Derzeit werden in Raffinerien in Kuppelproduktion eine große Bandbreite von chemischen Rohstoffen (z. B. Naphtha oder Paraffine) und Energieträgern (z. B. Otto- und Dieselkraftstoff, Kerosin) aus Rohöl durch Destillation sowie in Konversionsanlagen hergestellt. Dazu gehören auch solche Kohlenwasserstoffe, die als chemische Vorprodukte eine wichtige Rohstoffquelle für viele Industriezweige sind, z. B. Chemie, Pharma oder Bitumen im Straßenbau. Die Fokussierung auf die Herstellung eines einzelnen Produkts, wie beispielsweise nachhaltiges Kerosin, ist weder prozessbedingt noch wirtschaftlich darstellbar.
Zugleich hat die enge Verknüpfung von Raffinerien mit anderen Industriezweigen in der Vergangenheit dazu beigetragen, die Wettbewerbsfähigkeit trotz im internationalen Vergleich hoher Energiekosten und Umweltauflagen zu erhalten. Daher kann die Molekülwende dazu beitragen, dass bestehende hocheffizient vernetzte lokale Industriecluster rund um Raffinerie- und Importstandorte erhalten bleiben. Der Umbau der Raffinerien zu Produktionszentren für CO2-neutrale Energieträger, Betriebsstoffe und chemische Einsatzstoffe böte gute Voraussetzungen für eine „gleitende“ Transformation ohne drastische Strukturumbrüche und erhöht so die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende.
Die Nutzung von grünen statt fossilen Molekülen – insbesondere Kohlenwasserstoffen – ist also entscheidend, um die Wertschöpfungsketten in unserer innovativen Industrie zu erhalten und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu reduzieren. Nur so stärken wir den Industriestandort Deutschland, erhalten unsere einmalige Exportfähigkeit und schützen unser Klima.